Preisgestaltung
Wahl und Ausgestaltung der Preisgestaltung
- Preisvorgaben bleiben unverändert unzulässig, es sei denn, der Anbieter gibt Höchstpreise vor oder unverbindliche Preisempfehlungen. Dies gilt wie bisher auch für indirekt wirkende Maßnahmen zur Sicherung eines Mindestpreisniveaus wie Lieferverzögerungen, Sonderrabatte oder Bildnutzungsrechte. „Minimum Advertised prices“ (MAP) bleiben unzulässig; es sei denn, sie sind unverbindlich.
- Doppelpreissysteme, in denen der Händler für Produkte die er offline verkauft, andere Einkaufspreise zahlen muss als für Produkte für den online-Verkauf, sind unter flexibleren Voraussetzungen zulässig, insbesondere um Investitionen eines Händlers zu unterstützen.
- Bestpreisklauseln sind ebenfalls nur eingeschränkt vereinbar. So genannte weite Preisparitätsklauseln, wie sie insbesondere von Hotelbuchungsplattformen verwendet wurden, sind unter der neuen Vertikalen Vereinbarung unzulässig. Enge Preisparitätsklauseln sollen zum Schutz vor free riding zulässig bleiben.
Doppelpreissysteme
Doppelpreissysteme / Dual Pricing System
So genannte Doppelpreissysteme (dual pricing) werden zukünftig kartellrechtskonform sein, wonach der Händler oder Abnehmer einen höheren Preis für Produkte bezahlt, die er online verkaufen will, als für Produkte, die er offline vertreiben möchte. Dies ist eine erhebliche Erneuerung zugunsten der Hersteller und Anbieter. Voraussetzung ist, dass der gemeinsame Marktanteil 30% nicht überschreitet. Zudem muss eine Doppelpreisstrategie so gestaltet sein, dass Anreize für den Händler geboten werden, damit er angemessene Investitionen für den Online- bzw. Offline-Bereich tätigt. Preisunterschiede in einem Doppelpreissystem müssen daher an die unterschiedlichen Kosten anknüpfen, die der jeweilige Händler auf der Einzelhandelsstufe bei den jeweils genutzten Online- und Offline-Vertriebskanälen zu tragen hat. Hersteller können hierbei nach der neuen Vertikal-GVO 2022 nicht nur fixe, sondern auch variable Kosten des Händlers bei der Bemessung der differenzierten Einkaufspreise und bei Kick-backs einbeziehen.
Kann der Hersteller oder Anbieter aber einen solchen Investitionsanreiz nicht nachweisen, liegt der Verdacht nach, dass durch die unterschiedlichen Einkaufspreise lediglich die Nutzung des Internets für den Online-Verkauf verhindert werden soll. Somit handelt es sich um eine kartell-rechtswidrige und damit verbotene Kernbeschränkung. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn der Preisunterschied so gravierend ist, dass die Nutzung des Internets für den Online-Verkauf der Produkte und Dienstleistungen für den Händler unrentabel wird.
Preisvorgaben
Preisvorgaben/ Minimum Advertised Prices
Preisvergleichsportale
Preisvergleichsportale und Online-Plattformen
Nach der neuen Vertikal-GVO und ihren Leitlinien sind Preisvergleichsinstrumente wie Websites, Portale oder Apps sowohl für Händler als auch für Verbraucher wichtige Mittel, um Produkte abzusetzen bzw. zu finden. Nach der neuen Vertikal-GVO 2022 sind die Verhinderung oder die Beschränkung der Nutzung von Preisvergleichsinstrumenten als Online-Werbekanal eine verbotene Kernbeschränkung. Verbote oder Beschränkungsmaßnahmen sind geeignet, den passiven Verkauf an Kunden einzuschränken, die online kaufen wollen und sich außerhalb des physischen Handelsgebiets des Händlers befinden. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Preisvergleichsinstrumente als Form des aktiven Verkaufs anzusehen sind. Zulässig sind auch Qualitätsanforderungen an die Nutzung von Preisvergleichsportalen, solange deren Nutzung weder direkt noch indirekt verhindert wird.
Die neue Vertikal-GVO 2022 und ihre Leitlinien sehen erhebliche Änderungen im Bereich der Online-Plattformen bzw. der Online-Intermediäre und Online-Vermittlungsdienste vor. Die neue Vertikal-GVO 2022 qualifiziert Online-Vermittlungsdienste für das Bewerben und den Verkauf von Waren als Anbieter. Auf sie sind die kartellrechtlichen Regelungen also ebenso anwendbar wie auf sonstige Hersteller und Anbieter. Wird der Plattformbetreiber nicht als Plattform, also Vermittler zwischen Anbietern und Käufern, tätig, sondern verkauft er ebenso wie der Anbieter Waren und wird dadurch sein Wettbewerber, kann er sich auf die Vertikal-GVO überhaupt nicht berufen. Auf solche hybride Plattformen gilt das Kartellverbot unabhängig von Marktanteil daher immer, ohne dass sich solche hybride Plattformen auf Ausnahmeregelungen der neuen Vertikal-GVO berufen könnten.
Bestpreisklauseln
Bestpreisklauseln und Paritäts-verpflichtungen
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